Die Megalithkultur in der Bretagne

 

Zwischen 4500 und 2500 v.Chr. lag der Höhepunkt der steinzeitlichen Megalith-Kultur, deren Zeugnisse wir überall in der Bretagne finden können: große aufgerichtete Steine, mal allein stehend als Menhire, aber auch in Alleen als Alignements, die auch überdacht sein können als Allées Couvertes oder Dolmen.  Die von Steinhügeln überwölbten Anlagen (Cairns oder auch Tumuli) findet man ebenso häufig. Diese Beispiele der Megalith-Kultur entstanden zumeist um 4000 v. Chr. und sind somit älter als die ägyptischen  Pyramiden, die um 2500 v. Chr. erbaut wurden, und waren religiös motiviert -  eine enorme kollektive Leistung der steinzeitlichen Bewohner. Die Cairns, wie der Cairn von Barnenez, und Tumuli wurden als Grabstätten mit Grabkammern gebaut. Auch die Dolmen oder Allées Couvertes, wie z.B. eindrucksvoll auf der Île Millau oder auf der Île Grande, wurden als Grabstätten betrachtet. Sie sind Zeugen eines tiefen Glaubens an das Weiterleben nach dem Tod.

Auch die religiöse Bedeutung der Menhire wird nicht angezweifelt. Das eindrucksvollste Beispiel sind die Alignements in Carnac in der Südbretagne mit mehr als 2000 Steinen, aber auch der Menhir von St. Usec bei Pleumeur Bodou.  

(Quelle: Georges Minois, Histoire religieuse de la Bretagne, 1991.)                                     

Begriffe für Megalithen der Bretagne:

Dolmen - Steingrab, Hünengrab. Einzelne Dolmen weisen auch Nebenkammern auf. Aus dem Bretonischen wörtlich übersetzt: Steintisch

Menhir - hochkant aufgerichteter einzelner Steinblock, Monolith. Wörtlich übersetzt: langer Stein. Gut bekannt durch Asterix als Hinkelstein. Eine Besonderheit: der Menhir von St. Usec.

Cairn, Tumulus - frühzeitliche, megalithische Grabhügel aus Stein und Erde, als Lang- und Rundhügel mit begehbarem Innenbau. Einmalig in Europa: der Cairn de Barnenez.

Cromlech, übersetzt: Steinkreis - halbkreis- oder ringförmig angeordnete Monolithen wie der Steinkreis von Kergonan,Morbihan

Allée Couverte - Steinalleen sind bedeckte Reihen von Granitsteinen, z.B. auf der Île Millau, Île Grande.

Alignements - Steinreihen, Steinformationen aus Menhiren. Am berühmtesten sind die Steinalleen von Carnac, Morbihan in der Südbretagne..

 

Im Folgenden sollen zwei dieser Beispiele vorgestellt werden:

 

Der Menhir von St. Usec bei Pleumeur Bodou

                                 

Dieser Menhir ist 6 m hoch und wurde im 17. Jahrhundert christianisiert. Man erkennt Darstellungen der Folterwerkzeuge der Passion Christi. Auf der Rückseite findet man Längsspalten, die durch die Witterung entstanden sein können, aber auch Anlass geben für diverse Interpretationen. In der Geschichte gab es andere Erklärungen. Das Blut des gekreuzigten Christus soll hinuntergeflossen sein und die Furchen gegraben haben. Ein  merkwürdiger „Fingerabdruck“ wird nach nichtchristlicher Deutung als Fingerabdruck einer Riesin, einer „grwrac’h in Bretonisch, gedeutet. Die Riesin wollte den riesigen Stein von der nahe gelegenen Île Grande zum Gipfel des „Ménéz Bré“, eine ca. 300 m hohe Erhebung bei Louargat, ca. 50 km entfernt bringen. Auf dem Weg verließen sie die Kräfte, und sie ließ ihn fallen. Mit letzter Kraft trug sie ihn zu der jetzigen Position und rammte ihn in den Boden, wo er heute noch sicher steht. Während der Französischen Revolution war dieser Menhir ein Wallfahrtort, denn viele Gläubige kamen nachts dorthin und beteten. Sie umrundeten den Stein und baten um Hilfe. Auf alten Postkarten soll noch ein stark vertiefter Weg um den Menhir zu erkennen sein.

(Quelle: Daniel Giraudon: Le Menhir de Saint Usec. Ein Artikel im  «Le Trégor » vom 09.07.2009.)

Der Cairn de Barnenez

 

          

Auf einer felsigen Steilküste gelegen, überragt der große Cairn de Barnenez seine Umgebung und dominiert die Halbinsel Kérnéhélen und die Bucht von Morlaix. Er wurde zwischen 4500 und 3900 v. Chr. im Neolithikum, einer Zeit, in der die Menschheit sesshaft wurde,  als Grabmonument erbaut.  Das Monument beinhaltet zwei Einzelcairns, die eine Erhöhung von über 72 m Länge und ca. 6 m Höhe bilden. Die Cairns bedecken elf Grabkammern, z.T. 14 m lang. Sie führen zu kreisförmigen Kammern aus Trockenstein. Da diese Gewölbe jedoch sehr fragil sind, kann man sie heute nicht mehr betreten.

Im Laufe der Zeit wurde der Cairn  nach und nach von Pflanzenbewuchs bedeckt und geriet in Vergessenheit. 1850 wurde die Anlage offiziell als Tumulus charakterisiert. Dennoch wurde der Cairn 1954 noch als Steinbruch benutzt. Erst 1968 wurden die nötigen Restaurierungsarbeiten abgeschlossen.

Bei diesen Arbeiten fand man viele gravierte Symbole, Faustkeile, Keramik, geschliffene Beile,  Klingen aus Feuerstein und Pfeilspitzen, die z.T. im angrenzenden Museum zu sehen sind. Bei einem Besuch sollte man die Mittagspause (12.30 – 14.00 h) beachten, in der die Anlage geschlossen ist.

(Quelle: Informationsbroschüre: Cairn de Barnenez, Centre des monuments nationaux)

Die Beschreibung eines Rundwanderweges um den Cairn de Barnenez (4 h mit Besichtigung) ist bei den weiteren Unterlagen über Wanderungen im Haus zu finden.